Wheyprotein gilt nach wie vor als beliebtestes Protein der Sportler-Szene. Über die Jahre hat sich ein guter Ruf aufgebaut, teilweise über fundierte Untersuchungen, teilweise aber auch über gesponserte Lobpreisungen von Werbebotschaftern und Händlern. Beides zusammen ergibt das was wir heute haben, nämlich ein Überangebot unterschiedlichster Proteinergänzungen auf Wheyprotein-Basis.
Als Endverbraucher stellt man sich zu Recht die Frage welches Wheyprotein aus Kosten/Nutzen-Sicht die besten Ergebnisse verspricht.
Genau mit dieser Frage beschäftige ich mich heute, basierend auf dem Ergebnis einer neuen Meta-Analyse die zu diesem Thema durchgeführt wurde.
Wheyprotein – Basics und Fakten
Wheyprotein (Molkenprotein) entstammt der Herstellung von Käse sowie anderen Milchprodukten. Es handelt sich neben Casein um einen Bestandteil des Milchproteins. Neben einer Protein-Matrix mit hoher biologischen Wertigkeit und speziellen Proteinen wie alpha-Lactoglobulin, beta-Lactoglobulin oder Laktoferrin enthält Wheyprotein zudem Immunglobuline (Antikörper), einen hohen Gehalt an Leucin sowie bioaktive Peptide die sogar in der klinischen Behandlung von Krankheiten wie Krebs, HIV, Hepatitis, Osteoporose oder Herz-Kreislaufbeschwerden Anwendung finden (1 – 4).
Ein gängiges Herstellungsverfahren für die Herstellung von Wheyprotein ist die Membranfiltration.
Der gesamte Vorgang besteht aus mehreren Prozessen, schematisch dargestellt in beigefügter Grafik (5).
Aus gezeigten und je nach Proteinart nochmals weiterführenden Schritten entstehen dann die Endprodukte (6):
- Wheyproteinkonzentrat (WPC)
- Wheyproteinisolat (WPI)
- Wheyproteinhydrolysat (WPH)
Die verschiedenen Proteinarten unterscheiden sich in deren Proteingehalt. WPI liefert bis zu 90 % Proteingehalt, WPC enthält bis etwa 89 % Proteingehalt (6, 7). Der echte Proteingehalt von WPH unterliegt mehreren Einflussfaktoren die während des enzymatischen Abbaus der Polypeptidketten zu tragen kommen.
Hierzu zählen mitunter die Temperatur oder der vorherrschende ph-Wert (8). Auf Seiten diverser BLOGs und Hersteller ist die Rede von einem Proteingehalt ab 95 %. Sieht man sich jedoch die Produktanalysen an, findet sich nicht selten ein Proteingehalt von unter 90% auch in reinen Wheyproteinhydrolysaten (9 – 11).
Weiter lassen sich bei Wheyprotein weitere Faktoren wie folgt unterscheiden:
- Qualität
- Verdaulichkeit
- Reinheit
- Funktionalität (Löslichkeit, Schaumbildung, Absorption)
- Gehalt an Serumfeststoffen
- Chemische Proteinzusammensetzung
Fazit
Wheyprotein liefert eine Vielzahl teilweise ausschließlich in Milchprotein vorkommender Bestandteile denen man durchaus positive Eigenschaften zusprechen kann. Der Aufbereitungsprozess entscheidet darüber, welche Variante letztlich aus dem Ausgangsprodukt Milch hergestellt wird. Die verschiedenen Endprodukte unterscheiden sich nicht nur in deren Proteingehalt pro Portion, sondern auch durch eine Vielzahl anderer Faktoren.
Die Studie
Als erste ihrer Art untersuchte die Studie von Castro et al (17) Effekte unterschiedlicher Wheyproteinvarianten auf die Körperzusammensetzung an erwachsenen Sportlern und verglich diese mit der isokalorischen Verabreichung von Kohlenhydraten. Involviert wurden nur Studien von höchster Qualität in Aufbau und Durchführung. Von anfänglich 5250 „results“ erfüllten nach Überprüfung, Auswertung und qualitativer Bewertung lediglich 8 Studien mit 288 Probanden (18 bis 54 Jahre) alle Einschlusskriterien und wurden berücksichtigt.
Die Verabreichung an Wheyprotein reichte von 0,24 bis 1,28 g pro Kilogramm Körpergewicht. Proteingaben fanden zu unterschiedlichen Tageszeitpunkten sowie in unterschiedlichen Portionen über den Tag verteilt statt (nicht grundsätzlich vor und nach dem Training).
In allen Studien wurden die Teilnehmer angehalten ihr übliches Ernährungsmuster aufrechtzuerhalten und dabei via Dokumentation überwacht.
Nur in 2 der 8 Studien wurde explizit darauf geachtet welche Nahrungsergänzungen parallel zugeführt wurden.
Die Trainingsprotokolle wurden größtenteils im Ganzkörpermodell sowie im moderaten bis hohen Intensitätsbereich durchgeführt.
Die Ergebnisse
Fettfreie Masse
Insgesamt ergab sich ausgehend von der Verwendung eines Wheyproteins kein signifikanter Effekt auf den Anstieg von fettfreier Masse. Weder die Art des verwendeten Proteins noch der Proteingehalt des jeweiligen Produkts oder die Art des Trainings änderten etwas an diesem Ergebnis.
Fettmasse
Die Forscher beobachteten einen signifikanten Rückgang von Fettmasse ausgehend von der Verwendung eines Wheyproteins. Interessanter Weise traten die Effekt am deutlichsten bei Produkten mit einem Proteingehalt von 51 bis 80 % Proteingehalt und mit der Verwendung von Wheyproteinkonzentrat (WPC) auf. Auch regelmäßiger körperlicher Aktivität konnte statistische Signifikanz nachgewiesen werden.
Bewertung
Die Ergebnisse der Studie zeigen keinen eigenständigen Effekt von Wheyprotein auf fettfreie Masse unabhängig von der verwendeten Variante oder vom Grad körperlicher Aktivität. Was sich jedoch zeigte war ein positiver Effekt auf die Körperzusammensetzung (Reduzierte Fettmasse), insbesondere mit der Verwendung von Wheyproteinkonzentrat (WPC) und in Zusammenhang mit regelmäßiger körperlicher Belastung.
Das Ergebnis deckt sich weitestgehend mit der Untersuchung von Schönfeld, in der die Gesamtmenge an Protein pro Tag, nicht aber das Timing oder die Verwendung einer Proteinergänzung als wichtiger Marker für die Maximierung von Muskelhypertrophie angesehen wird (18).
Auch Lookwood et al stellen in Verbindung mit einem 8-wöchigen Trainingsprotokoll keine signifikanten Effekte für WPC oder WPH auf Muskelmasse fest (22).
Andere Studien sprechen sich für vorhandene Effekte einer Proteinergänzung auf Muskelmasse aus, einmal mit Verwendung von Wheyprotein (20, 21), aber auch mit der Einnahme von Beef-Hydrolysat an Triathleten (19).
Resümee
Wenn euch jemand ein Proteinkonzentrat für Muskelaufbau verkaufen möchte wird es schaffen dies „wissenschaftlich fundiert“ zu begründen. In dieser Meta-Analyse wurden anfangs sage und schriebe 5250 Suchergebnisse gesichtet und gefiltert.
Lediglich 8 Studien blieben am Ende übrig die hinsichtlich der erforderlichen Qualität für eine gute Aussagefähigkeit alle Kriterien erfüllten.
Am Ende des Tages lässt sich aktuell nicht zweifelsfrei belegen, inwieweit die Verwendung von Wheyprotein wirklich einen nennenswerten Einfluss auf Muskelhypertrophie verspricht. Wheyprotein ist auf der anderen Seite in der Lage die Körperzusammensetzung positiv zu beeinflussen in dem es den Anteil an Fettmasse reduziert.
Derzeit existiert die stärkste Beweiskraft in diese Richtung für Wheyproteinkonzentrat. Lediglich eine einzige Studie zu Wheyproteinhydrolysat schaffte es überhaupt in diese Untersuchung, weshalb man hier aktuell noch nicht guten Gewissens von eindeutigen Effekten berichten kann die den Mehrpreis verglichen mit Wheyproteinkonzentrat rechtfertigen.
Unabhängig des verwendeten Proteinkonzentrats setzt merkliche körperliche Veränderung immer auch körperliche Aktivität im Sinne von regelmäßigem Krafttraining voraus.
Hier und heute kann ich euch guten Gewissens den Rat geben, dass es bei Wheyprotein nicht zwangsläufig das teurere Wheyproteinisolat oder das noch teurere Wheyproteinhydrolysat sein muss.
Potenzielle Vorteile ausgehend von Wheyprotein lassen sich hervorragend auch über Wheyproteinkonzentrat bewerkstelligen.
Sportliche Grüße
Holger Gugg
www-body-boaches.de
Quellen
(1) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29951523
(2) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26884639
(3) https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10408398.2014.959115
(4) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30518130
(5) https://www.alpma.de/fileadmin/documents/Prospekt_Membranfiltration_ALPMA_neu_2011.pdf
(6) https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/1750-3841.12801
(7) https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs13197-017-2796-0
(8) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26761849
(9) https://xxlnutrition.com/de/deu/xxl-nutrition/whey-hydro
(10) https://www.scitecnutrition.com/de/produkte/pro_line/proteine/100_hydrolyzed_whey_protein
(11) https://www.my-supps.de/bilder/etiketten/5060245601481.pdf
(12) https://academic.oup.com/jn/article/146/10/1940/4584738
(13) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30185845
(14) https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/nbu.12215
(15) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28937838
(16) https://www.nrcresearchpress.com/doi/10.1139/apnm-2015-0550#.XaBRiVUzaUk
(17) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31480653
(18) https://jissn.biomedcentral.com/articles/10.1186/1550-2783-10-53
(19) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28910233
(20) https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/07315724.2013.875365
(21) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31041966
(22) https://shareok.org/handle/11244/318696