Liebe Blogleserinnen und Blogleser,
die Forschung um Creatin kennt keine Grenzen. Creatin darf mit Fug und Recht als am besten untersuchte und studierte Nahrungsergänzung für Sportler bezeichnet und sogar via „Claim“ als leistungssteigernd beschrieben werden, sofern eine Aufnahme von 3g pro Tag erfolgt. Neben etlichen Co-Formulas des herkömmlichen Creatin-Monohydrat, beispielsweise Creatin-Pyruvat, Creatin-AKG oder Alkalyn-Creatin, taucht hin und wieder auch der Begriff Creatinol-o-Phosphat auf. Was erst einmal nach einem sehr neumodischen Creatin-Abkömmling klingt, kursiert schon seit einigen Jahren immer wieder in der Fitness- und Bodybuildingszene. Ich habe es mir heute zur Aufgabe gemacht, Creatinol-O-Phosphat in Eurem Auftrag unter die Lupe zu nehmen.
Was ist Creatinol-o-Phosphat (CoP)
Bei Creatinol-o-Phosphat, auch bekannt als Creatinolphosphate, handelt es sich um chemisch verändertes Creatin, bei dem die Phosphatgruppe an eine andere Stelle des Moleküls angehängt wurde. Es gilt als cardioprotektiv, anti-ischämisch und anti-arrhythmisch, da es derartige Effekte bereits in mehreren Studien gezeigt hat. CoP soll zudem eine reduzierte Herzkontraktionsfunktion wiederherstellen und die anaerobe Glykolyse beeinflussen. Bereits 1979 konnte im Rahmen einer Studie eine schützende Wirkung auf Zellmembranen sowohl bei gesunden als auch bei erkrankten Herzen bestätigt werden, hier allerdings nur an 6 Probanden. Ebenfalls aus 1979 stammt eine Studie mit zwei Mal 23 Herzinfarktpatienten, die entweder CoP oder ein Placebo erhielten. In der CoP-Gruppe traten hier signifikant bessere myokard-spezifische Blut- und Enzymwerte (GOT, GPT, LDH, HBDH, CK und MBCK) auf, als diese in der Placebogruppe festgestellt wurden. Die Forscher begründen auch dies mit dem schützenden Einfluss von CoP auf die Zellmembran.
Creatinol-o-Phosphat ist für eine gute Absorption nach intramuskulärer Verabreichung (Injektion) bekannt. Ein Review von Marzo et al zeigt, dass sich CoP in allen Organen verteilt, insbesonders aber in den Nieren, der Leber und im Herzmuskel. Nach der Dephosphorylierung in der Leber und in den Nieren wird es über den Urin wieder ausgeschieden. Die Sicherheit von Creatinol-o-Phosphat wurde von Melloni et al ebenfalls bereits 1979 untersucht. Probanden erhielten hierzu CoP Injektionen mit entweder 1020mg, 2040mg und 3060mg oder ein Placebo. Mit der Verabreichung wurden der Arteriendruck, die Herzfrequenz, das EKG-Muster sowie eine komplette Blut- und Urinanalyse durchgeführt. Es zeigten sich erhöhte Phosphatwerte im Blut sowie erhöhte Ausscheidungen an Phosphat, Kreatinin und Harn in den Gruppen ab 2040mg im Vergleich zur Verabreichung eines Placebos. Da alle sonstigen Marker unberührt von der Einnahme blieben, wurde CoP in dieser Studie gute Verträglichkeit bescheinigt. Der Review von Marzo et al bestätigt ausbleibende toxokologische Effekte nochmals, es fehlen allerdings Unbedenklichkeitsbescheinigungen aus oraler Verabreichung.
Fazit
Creatinol-o-Phosphat erlebte um 1979 schon einmal einen Hype und wurde hier hinsichtlich möglicher Vorteile für die Herzmuskelgesundheit untersucht. Aufnahme und Sicherheit wurde zwar untersucht und für gut befunden, bis hierher allerdings nur in Verbindung einer Verabreichung via Injektion.
Creatinol-o-Phosphat für Sportler
CoP für die Herzmuskelgesundheit klingt erst einmal nach einer tollen Sache, jedoch nicht nach dem, was wir Sportler uns von einer Nahrungsergänzung erhoffen, in dessen Namen das Wort „Creatin“ enthalten ist. In der Tat existieren auch Untersuchungen mit Creatinol-o-Phosphat, die sich mit sportlicher Leistung befassen, beispielsweise eine Studie an älteren Menschen, in welcher CoP vermochte, die Muskelkraft zu steigern oder Muskelschwäche zu reduzieren. Eine weitere Studie stellt in Verbindung mit der Verabreichung von CoP eine verbesserte Griffkraft fest. Ähnlich wie auch Creatin selbst, scheint es die Resynthese von ATP zu verbessern und so Muskelkraft im Rahmen körperlicher Anstrengung länger aufrechtzuerhalten.
Aus den Patentierungsunterlagen eines Creatin-Supplements, welches aus Creatinol-o-Phosphat und Alpha-Linolsäure (ALA) besteht, lassen sich einige Untersuchungen entnehmen, die besagter Kombination bei oraler Aufnahme diverse Vorteile in Verbindung mit Sport bescheinigen. 2006 führte die Supplementierung zu einer gesteigerten ATP-Verfügbarkeit, die aus einer Hemmung der Creatinkinase (CK)-Leckage (ausgelöst durch intensive Belastung) resultiert. (a) Es wurde zudem ein Anstieg der intrazellulären Phosphatkonzentration nachgewiesen, der sich positiv auf die Verfügbarkeit von CrP (Creatin-Phosphat) und ATP (Adenosin-Tri-Phosphat) auswirkt. (b) 2007 bescheinigt man diesem Supplement eine Steigerung von Muskelmasse, Muskelkraft und eine Verbesserung der sportlichen Leistungsfähigkeit. (c) Ein Review entkräftet zu Recht einen anabolen Effekt von Alpha-Liponsäure, dafür fungiert es zumindest einigen Studien zur Folge als effektives Antioxidans. Sollten also tatsächlich positive Effekte hinsichtlich Muskelmasseaufbaus auftreten, wären diese auf die Wirkung des Creatinol-o-Phosphat-Bestandteils zurückzuführen, wenngleich Creatin in seiner Form als wesentlich günstigeres Monohydrat diese Wirkung auch entfalten könnte. (d)
Maggi et al konnten tatsächlich bereits 1980 den Nachweis erbringen, dass Creatinol-o-Phosphat oral verfügbar ist und zudem deutlich resistenter dagegen ist, in das für uns unbrauchbare und sogar eher belastende Kreatinin umgewandelt zu werden. Strukturelle Stabilität bleibt bei CoP auch im Muskel erhalten. Dort gespeichert sorgt in es der Muskelzelle für die bereits oben angesprochene Beeinflussung der anaeroben Glykolyse, in diesem Zusammenhang für einen verminderten Rückgang des ph-Werts und damit zu verzögerten Leistungseinbußen durch ATP-Mangel. In einer Untersuchung von De Gasperi wurde der Effekt von Creatinol-o-Phosphat auf die Muskelkontraktilität trotz erhöhtem Milchsäurespiegel im Blut ebenfalls untersucht und für signifikant befunden. Es schaltet sich offensichtlich in den anaeroben Stoffwechsel ein, den ganz besonders Muskelfasern vom Typ IIb beanspruchen, die für ihr starkes Hypertrophiepotenzial bekannt sind.
Fazit
Der hauptsächliche Nutzen von Creatinol-o-Phosphat, nämlich die Beschleunigung der ATP-Resynthese, ist genau derselbe, den man Creatin Monohydrat auch nachsagt, hier allerdings mit einer angeblich etwas stärkeren Beeinflussung des anaeroben Stoffwechsels und einer weniger starken Umwandlung in Kreatinin.
Dosierung
In den meisten Fällen kommen bei Creatinol-o-Phosphat Dosierungen im Bereich von 3g, aufgeteilt auf zwei tägliche Gaben zu je 1,5g, zur Anwendung. Im Falle des dargestellten Supplements werden als „Aufladedosis“ 6060mg eines CoP und ALA-Complex empfohlen, während die Erhaltungsdosis nur noch die Hälfte umfasst. Wie hoch genau nun der CoP-Anteil ist, geht aus der Produktanalyse leider nicht hervor. Synergetische Wirkung mit Beta-Alanin wird (wie auch in Verbindung mit normalem Creatin-Monohydrat) vermutet, was Creatinol-o-Phosphat zu einer Ergänzung macht, die Pre- und/oder Post-Workout angewendet werden kann.
Resümee
Insgesamt erscheint mir die Datenlage noch etwas zu dünn, etwas zu alt und etwas zu stark gesponsert von Produktherstellern, um Creatinol-o-Phosphat zum neuen Creatin der ersten Wahl zu küren. Im Laufe der Recherche bin ich dennoch neugierig geworden, da zudem Erfahrungsberichte von Athleten recht verheißungsvoll klingen. Großen Schaden wird ein Selbstversuch im Rahmen der genannten Mengen sicher nicht anrichten, weshalb man hier getrost den guten alten Weg des „Try and Error“ zum Sammeln eigener Erfahrungen mit Creatinol-o-Phosphat nahe legen kann.
Ein besonderer Dank geht an Daniel Ebenthal, der an der Datenrecherche dieses Artikels mitgewirkt hat.
Sportliche Grüße
Holger Gugg
www.body-coaches.de
Quellen
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Maggi GC, Triulzi M. Farmacocinetica Del Creatinolo O-Fosfato Nell'Uomo. Archivio di medicina interna. 1980; 31(11): 297-304.
Marzo A, Ghiradi P. Pharmacological and Toxicological Properties of Creatinol-O-Phosphate. Plasma turnover, fate and excretion rate, subcellular distribution in isolated perfused heart and metabolic behaviour. Drug Res. 1979a;29(II): 1452-1456.
Gaggino R, Delfino C, Menichetti G, Odaglia G, Metabolic aspects of anaerobic lactaid maximal sport performances. Effect of treatment wit Creatinol O-Phosphate. Medicina dello sport. 1984; 37: 85-92.
De Gasperi R, Giusti V, Rapelli S, Matriadonna C. Influenza del creatinolo o-fosfato sulla contrazione muscolare aspettin biochimica. Archivio Medicina interna. 1981; 3: 351-358.
Stout JR, Cramer JT, Mielke M, O'Kroy J, Torok DJ, Zoeller RF. Effects of twenty-eight days of beta-alanine and creatine monohydrate supplementation on the physical working capacity at neuromuscular fatigue threshold. Journal Strength Cond Res. 2006 Nov; 20(4):928-31
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/395957
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/94266
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/395957
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/575490
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/575498
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/575499
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/575492
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17194255
a) https://patents.justia.com/patent/7375097
b) https://patents.justia.com/patent/20080058288
c) https://patents.justia.com/patent/20080095865
d)