Beta Alanin
Die Athleten der Kraftsport- und Fitnessszene sind ständig auf der Suche nach neuen und leistungssteigernden Supplementen. Die Auswahl auf dem Supplementmarkt ist riesig. Viele Werbeversprechen werden oft nicht gehalten oder sind einfach nur übertrieben. Eines der wenigen Supplemente, das seinem Ruf gerecht werden konnte, ist das Creatin.
Doch ein anderes Supplement ist auf dem besten Weg dem Creatin seinen Rang abzulaufen.
Die Rede ist von Beta Alanin. Jeder, der es genommen hat, ist begeistert und spricht vom neuen „Creatin“, mit dem Unterschied, das es unmittelbar nach der Einnahme wirkt.
Ist dem wirklich so?
Schauen wir uns die bisherigen Daten genauer an. Der folgende Artikel gibt uns eine Übersicht über die Aminosäure Beta Alanin. Wir werden uns mit seinem grundlegenden Stoffwechsel beschäftigen sowie dem Vorkommen in Lebensmitteln. Ferner schauen wir uns den Einfluss des Beta Alanins auf das Altern an und wo es überall im Sport eingesetzt wird. Ein weiterer Aspekt ist die Psyche und in welchem Zusammenhang diese mit Beta Alanin steht.
1. Allgemeines
Bei Beta Alanin handelt es sich um die einzige nicht-essenzielle natürlich vorkommende Beta-Aminosäure und darf nicht mit der Aminosäure Alanin verwechselt werden. Als nicht-proteinogene Aminosäure erfüllt sie keine Aufgabe bei der Biosynthese von körpereigenem Protein. Aber aufgrund der Molekülstruktur dient Beta Alanin im Körper als Überträger und wird zu natürlichen Puffersubstanzen wie Carnosin, Anserin und Balenin in den jeweiligen Körpergeweben aufgebaut. Beta Alanin ist auch unter dem Namen 3-Aminopropionsäure bekannt und ist ein Teil der Aminosäure Carnosin. Carnosin selbst ist ein Dipeptid und wird aus den Aminosäuren Histidin, Beta Alanin sowie den Cofaktoren Anserin und Vitamin B5 gebildet. Für diesen Vorgang der Verstoffwechslung von Beta-Alanin und Histidin zu Carnosin wird das Enzym Carnosyn-Synthetase benötigt. Der Begriff Carnosin leitet sich von dem lateinischen Namen "carnis" = Fleisch ab, da Carnosin ausschließlich nur im Fleisch und nicht in Pflanzen zu finden ist.
1.1 Geschichte und Entdeckung
Im Jahre 1900 entdeckten die russischen Wissenschaftler Gulewitsch und Amiradzibi Carnosin im Extrakt von Rindfleisch. Elf Jahre danach erforschte und identifizierte er die Aminosäuren Beta Alanin sowie Histidin und in welchem Bezug sie zu Carnosin stehen. Die Wissenschaftler Barger, Tutin, Baumann und Ingvaldsen konnten die Ergebnisse von Gulewitsch 7 Jahre später bestätigen.
Bezüglich des Carnosins wurden weitere Studien durchgeführt. Dabei konnte die direkte Verbindung des Carnosins zu den Funktionen des Gewebes, das auf Reize reagiert, wie z. B. Muskeln und Gehirn nachgewiesen werden.
Im Jahre 1953 wurde von Severin und seinen Kollegen die Eigenschaft des Carnosins als ph-Puffer im Muskelgewebe eines Frosches entdeckt. Sie stellten dabei fest, dass das Carnosin die durch die Muskelbewegung gebildete Milchsäure effektiv ausgleicht und puffert. Somit konnten die Muskeln durch eine zusätzliche Aufnahme von Carnosin länger und beständiger kontrahieren, bevor diese ermüdeten.
2. Stoffwechsel
Struktur Beta Alanin2.1 Chemische Struktur
Wenn man die Struktur von Beta Alanin (C3H7NO2) näher betrachtet, fällt auf, dass es sich um einen Hybrid zwischen den Neurotransmittern L-Glycin und GABA handelt.
Inzwischen wird Beta Alanin aufgrund seiner hybriden Struktur in wissenschaftlichen Kreisen auch als Neurotransmitter betitelt.
Um sich die Ähnlichkeiten der Strukturen besser vorstellen zu können, werden Beta Alanin, L-Glycin und GABA im Vergleich dargestellt:
Struktureller Vergleich der Aminosäuren Beta Alanin, L-Glycin und GABA (engl. Gamma-Aminobutyric acid)
2.2 Synthese von Beta Alanin
Um den Anforderungen des Alltages sowie körperlich schweren Belastungen standzuhalten und ohne dabei zu übersäuern stetig mit Energie zu versorgen, besitzt unser Körper unter vielen energieliefernden Systemen auch Puffersubstanzen. Diese sind im menschlichen Organismus in den Organen wie Leber, Nieren und Nervenzellen vorzufinden. Die größte Kapazität einer dieser Puffersubstanzen befindet sich jedoch gleich dort, wo die Arbeit direkt verrichtet wird, und zwar im Muskel in Form von Carnosin. Carnosin besteht aus den Aminosäuren Histidin und Beta Alanin. Beta Alanin wird im menschlichen Organismus nicht zur Proteinbildung benötigt, sondern wird durch den Abbau der DNS-Bestandteile* Thymidin und Uracil synthetisiert. Um sich das Ganze in Zahlen vorstellen zu können, Carnosin macht etwa 7 – 10 % der intrazellulären Pufferkapazität aus. Aber es lässt sich durch eine Supplementierung mit Beta Alanin um 40 – 80 % steigern (Harris et al., 2007).
* DNS-Bestandteile = Wir sprechen hier von Bestandteilen der Desoxyribonukleinsäure, kurz DNS, welche unsere komplette Struktur (Informationen) des Körpers beinhaltet.
2.2.1 Synthesewege
Der menschliche Organismus ist befähigt, Beta Alanin auf drei unterschiedlichen Wegen zu synthetisieren. Für die Bildung des Dipeptides Carnosin benötigt der Körper die Aminosäuren Histidin und Beta Alanin. Wobei das Histidin vom Körper mehr als ausreichend synthetisiert wird. Der limitierende Faktor innerhalb der Muskelzellen für die Carnosin Synthese ist die Menge des vorhandenen Beta Alanins.
Weg 1
Durch den Abbau von Dipeptiden wie dem Carnosin oder Anserin wird das Beta Alanin herausgelöst. Alternativ kann es als Nebenprodukt bei der Konvertierung von L-Alanin in Pyruvat erzeugt werden.
Weg 2
Mittels dem Verdauungsprozess im Dünndarm (lat. Intestinum tenue) setzen Mikroben ein Carbon Atom vom L-Aspartat frei. Durch diesen Prozess entstehen Beta Alanin und Kohlendioxid (Co2).
Weg 3
Der dritte Weg ist ein Sonderweg, da er von der exogenen Supplementierung mit Beta Alanin abhängt. Beim Verzehr wird das Beta Alanin mittels Blutbahn in die Skelettmuskulatur transportiert. Für den Weg in die Muskelzelle wird ein Beta Alanin- und Taurintransporter verwendet. In der Skelettmuskelzelle angekommen wird es an die essenzielle Aminosäure L-Histidin befestigt und es bildet sich das Dipeptid Carnosin.
2.3 Funktionsweise von Beta Alanin
Wenn wir eine Muskelarbeit verrichten, und sei sie noch so klein, greift der Körper als Erstes auf die primäre Energiequelle, das Adenosintriphosphat (ATP) zurück. Aber das ATP-System reicht gerade mal für ein paar Sekunden, dann kommt es bereits an seine Grenzen. Für eine weitere Muskeltätigkeit muss jetzt auf die nächste Energiereserve, das Glykogen (Speicherform von Kohlenhydraten) sowie die Fettreserven (Triglylceride) zurückgegriffen werden. So ist der normale Vorgang der Energiebereitstellung, jedoch darf man diese Vorgänge nicht voneinander getrennt betrachten. Diese Energiegewinnungsprozesse laufen stetig ab und überlappen sich dabei.
Wenn jetzt die Muskulatur einer intensiven kurzzeitigen Belastung ausgesetzt wird, sind die ATP-Speicher schnell verbraucht und die anaerobe (sauerstoffunabhängige) Glykolyse setzt ein. Bei diesem Abbauprozess werden die energiereichen Phosphate und Kohlenhydrate ohne Sauerstoff bereitgestellt. Aufgrund des Fehlens von Sauerstoff werden jetzt verstärkt Wasserstoffionen (H+) und dadurch bedingt Milchsäure in den Muskelzellen gebildet. Es kommt zu einem Abfall des pH-Wertes in der betroffenen Muskulatur, was wiederum andere Energieprozesse erheblich beeinflusst. Vor allem die Enzyme Phosphofruktokinase, Creatinkinase und die Adenosintriphosphatase (ATPase) reagieren sehr empfindlich auf eine Übersäuerung, denn sie arbeiten nur in einem pH-Bereich von 7,38 und 7,42 (H. Aebi; 1965). Daraus folgt der Abfall des ph-Bereiches und es kommt zum Erliegen des Energieflusses und schlussendlich zum Abbruch der Übung.
Hier kommt jetzt das Carnosin ins Spiel. In seiner Studie konnte Leisten A. et all 2010 feststellen, dass eine zusätzliche Supplementierung mit Beta Alanin zu einem höheren Gesamtcarnosinspiegel führte. Dadurch ergab sich ein wesentlich langsameres Absinken des ph-Wertes in den sauren Bereich. Aufgrund des gepufferten Wasserstoffions (H+) kann der Athlet länger weiter trainieren.
Die vereinfacht dargestellte Grafik veranschaulicht den Vorgang.
Einfluss von Beta Alanin auf intensive Muskelbelastung
3. Beta Alanin in Lebensmitteln
3.1 Vorkommen in Lebensmitteln
Rindfleisch ist reich an Carnosin, einem Dipeptid von Beta Alanin.Beta Alanin kommt in der Natur nur als Dipeptid wie z. B. Carnosin, Anserin oder Balenin vor. Die besten Nahrungsquellen sind Fleischprodukte, die einen hohen Skelettmuskelanteil aufweisen und somit viel Carnosin in sich speichern.
Zu diesen Lebensmitteln gehören:
- Rindfleisch
- Schweinefleisch
- Huhn und Geflügel
- Fisch
- Hühnerbrühe
Bezüglich der Carnosinmenge führten Zapp und Wilson 1938 Studien zur Bestimmung des Carnosingehaltes durch und konnten bei Ochsen in verschiedenen Muskeln einen Carnosingehalt zwischen 191 und 351 mg pro 100 g feststellen.
Es wurden auch Studien durchgeführt, wo das Skelettmuskelfleisch von Wildtieren und gezüchteten Tieren verglichen wurde. Laut den Studienergebnissen deutet alles daraufhin, dass wilde Tiere im Gegensatz zu Zuchttieren einen höheren Carnosinanteil aufweisen.
3.2 Vorkommen im menschlichen Organismus
In der menschlichen Muskulatur befinden sich pro 1kg Körpergewicht ca. 1 g Carnosin. Wobei dieser Wert stark von den jeweiligen Muskelfasern abhängt. Diesbezüglich zeigen Typ II (schnell zuckende Muskelfasern) eine höhere Speicherkapazität als Typ I (langsam zuckende Muskelfasern). Entscheidend ist auch die Ernährungsweise, Vegetarier weisen hier aufgrund ihrer Ernährung einen niedrigeren Wert auf. Des Weiteren haben Männer eine höhere Muskelcarnosinkonzentration als Frauen, dies begründet sich darauf, dass das Enzym, welches Carnosin abbaut, bei Frauen wesentlich aktiver ist.
4. Beta Alanin / Carnosin und Anti-Aging
4.1 Beta Alanin / Carnosin und das Alter
Wirkt sich eine Einnahme von Beta Alanin positiv auf das Anti-Aging aus?Wie bereits oben beschrieben, ist der limitierende Faktor der Carnosinbildung das Beta Alanin, da im menschlichen Organismus für die Synthese von Carnosin genug Histidin vorhanden ist. Harris et al. 2007 bewies in seiner Studie, dass die Einnahme von Beta Alanin die Gesamtpufferkapazität des Carnosins erhöht.
Diese Puffereigenschaft könnte jetzt auch im Bereich des Anti-Aging zum Tragen kommen.
Lange Zeit ging man davon aus, dass alte Zellen nicht verjüngt werden können. Typisches Merkmal des Alterns ist die Faltenbildung der Haut.
Hipkiss AR. 2009 führte diesbezüglich eine Studie durch und kam zu dem Schluss, dass eine zusätzliche Supplementierung mit Beta Alanin den Carnosinspiegel erhöht und dadurch kann es die Homöostase aufrechterhalten, was die Zellen länger jung aussehen lässt. Wissenschaftlich gilt dieses Studienergebnis jedoch als nicht anerkannt und somit sind weitere Studien notwendig, um die positiven Auswirkungen zu bestätigen.
In einer Studie, wo normale menschliche Fibroblasten (Bindegewebe des Menschen) in Kulturen angelegt wurden, konnte Carnosin die Verfallsgeschwindigkeit der Verkürzung der Telomere* reduzieren. Dies könnte möglicherweise den Alterungsprozess in den Kulturen der menschlichen Fibroblasten verlangsamen (Shao L, Li QH, 2004). Auch hier sind jedoch weitere Studien notwendig, um von einer wissenschaftlich anerkannten Wirkung sprechen zu können.
Telomere* = Bei jeder Zellteilung (Mitose) bricht ein Stück der Telomere ab und sie verkürzen sich. Nach der Alters-Theorie von Hayflick (1969) geht er davon aus, dass die Anzahl der Zellteilung genetisch vorbestimmt ist und schließlich in Form des programmierten Zelltodes (Apoptose) zu Ende geht. Man könnte also sagen, je kürzer die Telomere werden, desto älter werden wir.
In diesem Zusammenhang sollte man bedenken, das auch Muskeln von Bindegewebe umgeben sind und diese maßgeblich einen Einfluss auf den Muskelauf- und abbau haben können.
5. Einsatz im Sport
5.1 Beta Alanin und Muskelwachstum
Eine Supplementierung von Beta Alanin ist unter Kraftsportlern besonders vor und nach dem Training sehr beliebt.Wir haben bis jetzt schon viele interessante Dinge über Beta Alanin gehört. Den ambitionierten Fitness- und Kraftsportenthusiasten interessiert sicherlich, inwiefern ihm Beta Alanin beim Muskelwachstum helfen könnte. Hier gibt es Studien, die interessante Rückschlüsse erlauben. Im International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism wurde eine Studie vorgestellt, die aufzeigte, dass sich in einem simulierten Boxkampf die Schlagkraft und Schlagfrequenz innerhalb eines Zeitrahmens von drei Minuten verbesserte. Beide Boxer hatten zuvor Beta Alanin zu sich genommen. Eine weitere Studie von Kern BD. et al. 2011 lieferte als Ergebnis, dass eine zusätzliche Einnahme von Beta Alanin bei trainierten Athleten einen Muskelaufbau ermöglichen könnte. Auch wenn diese Studienergebnisse wissenschaftlich nicht anerkannt sind und es weiterer Studien bedarf, um die positiven Studienergebnisse zu bestätigen, ist eine Supplementierung mit Beta Alanin zu Trainingszeiten sowohl im Ausdauer- als auch im Kraftsport weit verbreitet.
5.2 Beta Alanin und Ausdauer
Der Mensch ist seit jeher bestrebt, Mittel und Wege zu finden, um seine körperliche Ausdauer zu erhöhen und auszubauen. Abbie E.Smith et al untersuchte den Einfluss von Beta Alanin auf die Ausdauerleistung bei Athleten, die ein Intervalltraining mit hoher Intensität ableisteten. Ziel der Studie war es, festzustellen, inwieweit eine zusätzliche Supplementierung mit Beta Alanin die aerobe Ausdauerleistung und VO2 max beeinflusst. Nach Auswertung aller Ergebnisse konnte eine signifikante Verbesserung der VO2 max (*) notiert werden. Um dieses Studienergebnis zu bestätigen, bedarf es jedoch weiterer Studien, um die Anerkennung durch die Wissenschaft zu erreichen.
(*) VO2 max = Unter der VO2 max versteht man die maximale Sauerstoffaufnahme. Sprich, wie viel Milliliter der Körper unter maximaler Belastung pro Minute benutzen kann.
5.3 Beta Alanin bei Frauen
Die meisten Studien mit Beta Alanin wurden bisher mit männlichen Probanden durchgeführt.
Genau aus diesem Grund wollte Walter AA. et al 2010 eine Studie mit Frauen durchführen. Die Studie wurde mittels Fahrradergometer mit einem Intensitäts-Intervall-Training (HIIT) absolviert. Es sollte dabei der anaerobe Schwellenwert, genauer gesagt die körperliche Leistungsfähigkeit am Schwellenwert der Ermüdung und die Zeit bis zur Erschöfpung (PWCFT) der Muskulatur aufgrund von Milchsäurebildung gemessen werden. Der Schwellenwert ist genau der Punkt, an dem der Grad der Milchsäurebildung höher ist, als der Abtransport der Milchsäure. Der Versuchsaufbau für die weiblichen Probanden zwischen 19 und 36 Jahren sah wie folgt aus:
- Die Testgruppe bekam 800 mg Beta Alanin viermal täglich für eine Dauer von 7 Tagen, anschließend wurde eine Dosiserhöhung auf 1600 mg viermal täglich für 21 Tage verabreicht.
- Die andere Gruppe erhielt ein Placebo (Dextrose).
Die Ergebnisse waren auch bei den Frauen äußerst beeindruckend. Es konnten signifikante Steigerungen von 14%, 12,5% und 3% beim anaeroben Schwellenwert gemessen werden. Eine wissenschaftliche Bestätigung dieser Wirkung ist bisher jedoch ausgeblieben und somit sind weitere Studien notwendig, um die positiven Ergebnisse zu stützen.
5.4 Beta Alanin Kombinationen und Interaktionen
Beta Alanin stellt eine ideale Ergänzung zu Creatin dar.5.4.1 Beta Alanin vs. Creatin
Creatin ist das wohl am Besten wissenschaftlich untersuchte Supplement auf dem ganzen Nahrungsergänzungsmittelsektor. Creatin konnte bereits in vielen Studien die Wissenschaftsgemeinde überzeugen, wenn es um seine Funktion im Muskel ging. Dr. Jeffrey. Stout und seine Kollegen (2006) gingen der Frage nach, was passiert, wenn man jetzt Beta Alanin gegen Creatin antreten lässt, oder gar miteinander kombinieren würde? Es galt herauszufinden, welchen Nutzen eine zusätzliche Supplementierung auf die physische (körperliche) Leistungsfähigkeit am Schwellenwert für die Ermüdung (PWCFT = engl. für Physical Working Capacity at Fatigue Threshold) haben könnte. Bei der Studie nahmen junge, untrainierte Männer im Alter von 19 bis 30 Jahren teil. Sie wurden für die Studie in 4 Gruppen eingeteilt und erhielten folgende Supplementationen:
- Gruppe 1: 1,6 Gramm Beta Alanin viermal täglich für 6 Tage, dann folgte eine Dosis von 3,2 Gramm für 22 Tage
- Gruppe 2: 5 Gramm Creatin Monohydrat viermal täglich für 6 Tage, gefolgt von 10 Gramm für 22 Tage
- Gruppe 3: Diese Gruppe bekam eine Kombination aus Beta Alanin und Creatin.
- Gruppe 4: Die Gruppe vier erhielt nur ein Placebo (Maltodextrin).
Es konnte eine Steigerung des PWCFT von 28,8 %, 11,3 % und 11,0 % bei der Beta Alanin, Creatin und der Beta-Alanin-Creatin-Kombinationsgruppe gemessen werden. Am erstaunlichsten war jedoch, dass Beta Alanin den PWCFT-Wert um 61 % stärker erhöhte, als das Creatin, und das bei gerade mal 3,2 Gramm pro Tag. Um eine wissenschaftliche Anerkennung dieser Wirkung zu erlangen, bedarf es jedoch weiterer Studien.
5.4.2 Beta Alanin und Natriumbikarbonat
Wie bereits bei Beta Alanin und Creatin beschrieben, scheint eine Kombination aus Beta Alanin und Natriumbikarbonat durchaus empfehlenswert zu sein. Natriumbikarbonat (NaHCO3) ist der Hauptwirkstoff im Backpulver. Es ist ein im menschlichen Körper auf natürliche Weise vorkommendes Alkalisalz, deren Funktion ein Ausgleich des Säuren-Basen-Haushalts ist. Es gehört genauso wie Carnosin zu den Puffersubstanzen. Einige Studien beschäftigen sich damit, welchen Einfluss eine Kombination aus Beta Alanin und Natriumbikarbonat bei Radfahrern, die ein High Intensity Intervalltraining absolvierten, haben könnte. Die Radfahrer bekamen täglich 6,4 g Beta Alanin und 0,3 g Natriumbikarbonat pro kg Körpergewicht verabreicht. Eine direkte Leistungssteigerung konnte nicht nachgewiesen werden. Hier könnte am ehesten ein additiver Effekt beider Supplemente gegen Müdigkeitserscheinungen in der Muskulatur in Betracht gezogen werden. (Sales C et al., 2011), die wissenschaftliche Anerkennung ist hier jedoch bisher ausgeblieben.
5.5 Supplementierung
5.5.1 Anwendung in der Praxis
Da Beta Alanin kurz nach der Einnahme zu wirken beginnt, kann es ca. 30 Minuten vor dem Training als Pre-Workout-Produkt eingesetzt werden. In der Regel werden hier 4-5 Gramm vor dem Training eingenommen. Aufgrund der recht hohen Dosis kann es zu einem unangenehmen Nebeneffekt, dem sogenannten „Kribbeln“ auf der Haut, kommen. Eine nähere Betrachtung der möglichen Nebenwirkungen wird unter Punkt 5.5.2 näher erklärt.
Harris et al. 2007 stellte mit seinen Kollegen fest, dass die im Raum stehenden Vorteile einer Beta-Alanin-Einnahme und somit eines erhöhten Carnosinpeichers nur voll ausgeschöpft werden kann, wenn das Beta Alanin über einen Zeitraum von 4 – 10 Wochen, mit einer Dosis von 3 - 6 g täglich, eingenommen wird. Durch dieses Verfahren würden Sie lt. dieser Studie eine Erhöhung des Carnosin-Speichers um ca. 40 – 80% erreichen, was jedoch wissenschaftlich nicht anerkannt ist. Zu welcher Tageszeit das Beta Alanin eingenommen wird, scheint weniger wichtig zu sein. Sinnvoller ist es, die Gesamtdosis von 3 – 6 g auf 4 Einzeldosen aufzuteilen. Dabei sollte, wenn möglich, immer ein zeitlicher Abstand von 2 – 3 Stunden eingehalten werden. Mit dieser slow-release-Einnahme lassen sich die Nebenwirkungen auf ein Minimum reduzieren. Belgische Forscher fanden an der Universität in Gent heraus, dass wenn Beta Alanin zusammen mit einer Mahlzeit verzehrt wird, wesentlich schneller und besser vom Körper assimiliert wird (Stegen S. et al., 2013).
5.5.2 Nebenwirkungen
Parästhesien
Durch die Einnahme von Beta Alanin erhöht sich auch dessen Level im Blut. Bei einer hohen Dosis steigt die Konzentration im Blut schnell an, was unter Umständen mit einer Parästhesie (Sensibilitätsstörungen, Kribbeln und Hitzewallungen) einhergeht. Auslöser für die Parästhesie ist das Histamin, welches bei Carnosinbildung als Abfall übrig bleibt. Dabei sind die auftretenden Symptome von Mensch zu Mensch verschieden. Die einen berichten von einem angenehmen Kribbeln, aber es gab auch schon Berichte, wo es sogar zu extremen Augenstechen kam. Deshalb sollte wenn möglich, am Anfang immer eine niedrige Dosis von Beta Alanin pro Portion gewählt werden und schrittweise die Dosis erhöhen. Somit verringert man das Auftreten einer möglichen Parästhesie immens ein.
Taurinmangel
Bei einer zusätzlichen Einnahme von Beta Alanin sollte man auf seinen Taurinstatus achten. Da Beta Alanin und Taurin sich den gleichen Transportweg teilen, kann es zu einem Konkurrenzverhalten der beiden Aminosäuren kommen. Denn eine stetige Einnahme von Beta Alanin führt zu einer stufenweisen Entleerung der Taurinspeicher. Eine zusätzliche Ergänzung von Taurin sollte immer getrennt voneinander in einem Verhältnis von 1:1 eingenommen werden. Aufgrund einer längeren Einnahme von Beta Alanin kann es zu heftigen Muskelkrämpfen kommen, dies kann auf einen zu niedrigen Taurinstatus hindeuten.
6. Beta Alanin und die Psyche
Wer kennt das nicht, die Angst vor einer Prüfung oder werde ich beim nächsten Wettbewerb auf der Bühne gut genug sein? Hier spielt der Faktor Angst eine entscheidende Rolle. Sie kann einerseits unterstützend, aber auch hinderlich sein. Angst löst die Stresshormone Adrenalin und Cortisol aus. Cortisol ist ein mächtiges Hormon im menschlichen Stoffwechsel. Es ist mittels biochemischen Vorgängen in der Lage, ungewollt die hart antrainierte Muskelmasse abzubauen, um daraus die notwendige Energie für den Körper zu gewinnen. Dies ist etwas, was jeder Kraft- und Fitnesssportler um jeden Preis verhindern möchte, denn zuviel Schweiß, Zeit und Arbeit wurden investiert, um die Muskulatur aufzubauen.
6.1 Beta Alanin und Angst
An der Universität von Kyushu wurde eine Studie mit Mäusen durchgeführt, um herauszufinden, welchen Einfluss Beta Alanin oder Taurin auf die Psyche haben könnte.
Die Studie wurde wie folgt aufgebaut:
- Gruppe 1 erhielt fünf Wochen ein Placebo
- Gruppe 2 erhielt fünf Wochen 22,5 mmol/kg Taurin
- Gruppe 3 erhielt fünf Wochen 22,5 mmol Beta Alanin
Nach vier Wochen wurden dann alle Gruppen mehreren psychologischen Tests unterzogen:
- Test 1 → Zeitmessung, um einen Gang zu durchqueren
- Test 2 → Wie oft Sie durch diesen Gang durchquerten.
Das Hauptaugenmerkmal lag darauf, wie die Mäuse mit Angst umgehen würden. Dabei stellten Sie fest, dass die Gruppe, die mit Beta Alanin gefüttert wurde, in beiden Tests eindeutig mutiger war. Eine grafische Darstellung der Studienergebnisse ist unten ersichtlich.
Nach fünf Wochen sezierten die Forscher die Mäuse und untersuchten die Biochemie des Gehirns. Auffallend war dabei der Bereich des Hippocampus. Das Beta Alanin hatte anscheinend das Verhalten der Mäuse verändert. Dies geschah durch die verstärkte Synthese des Hormons „brain-derived-neurotrophic factor“ oder auch BDNF im Hippocampus. Die untere Grafik verdeutlicht noch mal die Ergebnisse.
Der Studie zur Folge verursacht eine erhöhte BNDF-Synthese weniger Depressionen und Angst. Wenn man den Studienergebnissen dieser Tierstudie glaubt, könnte eine zusätzliche Supplementierung mit Beta Alanin sich durchaus positiv auf die Stimmungslage auswirken. Jedoch gilt dies beim Menschen derzeit als wissenschaftlich nicht anerkannt.
7. Fazit und abschließende Worte
Beta Alanin – Supplement der nächsten Generation oder sogar das nächste Creatin? Fast jede Studie, die mit Beta Alanin und dem daraus resultierenden Carnosin durchgeführt wurde, lieferte positive Ergebnisse und wurde seitens der Wissenschaftler als positiv eingestuft. Seien es die Studien an kultivierten menschlichen Fibroblasten im Bezug auf das Alter oder Mäuse, die unter der Einnahme von Beta Alanin psychische Tests über sich ergehen lassen mussten. Selbst bei Studien am Menschen überzeugte Beta Alanin mit interessanten Ergebnissen in Bezug auf Ausdauer und Muskelwachstum. Zusätzlich lässt es sich gut mit weiteren Supplementen wie Creatin, Natriumcarbonat oder Taurin kombinieren. Einziger Wermutstropfen scheinen die Nebenwirkungen bei einer zu hohen Dosis, wie bspw. das Kribbeln auf der Haut, zu sein. Nach den Studien zu urteilen, scheint das Beta Alanin ein sehr vielseitiges Supplement zu sein, welches im Bodybuilding, Powerlifting und auch im Ausdauersport verwendet werden kann. Das Potenzial, welches das Beta Alanin bietet, ist bis dato aber noch nicht ausgeschöpft. Es bleibt abzuwarten, was zukünftige Studien noch alles über das Beta Alanin herausfinden werden.
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