Es erfüllt mich mit großer Freude, mitzuerleben, wie unsere Szene in dieser Zeit enormen Zuspruch und ebenso enormen Zulauf an aktiven Athletinnen und Athleten verzeichnet. Sich als Wettkampfathlet im sportlichen Wettstreit mit anderen zu messen, bedarf eine Menge Disziplin und großen Ehrgeiz.
Vielen fällt erst im Verlauf einer Vorbereitung auf, dass echtes Bodybuilding weit mehr ist als nur „Lifestyle“ (und damit meine ich auch Bikini-Athletinnen und die Jungs mit den Badehosen!). Wettkampfvorbereitung bedeutet einen Ausnahmezustand, bedeutet Entbehrung und knallharte Vorgaben, nach denen es sich kompromisslos zu orientieren gilt und das nicht 1 oder 2 Wochen, sondern über mehrere Monate! Wie gut Eure Vorbereitung verläuft, hängt von etlichen Faktoren ab. Jedes Mal trägt man aufs Neue einen Kampf mit sich selbst aus.
Mein neuer 3-Teiler soll alle interessierten Sportlerinnen und Sportlern, aber auch Coaches und Betreuern, mit den wichtigsten Grundgedanken und etlichen Praxis-Tipps versorgen, die es im Rahmen einer Wettkampfdiät zu berücksichtigen gilt.
Steigen wir ein mit Teil 1.
Wann starte ich mit der Diät?
Solltet Ihr Euch für eine Vorbereitung um einen Coach bemühen, trennt sich mit dieser Frage eigentlich schon die Spreu vom Weizen.
Antwortet man Euch auf die Frage: „Wie lange dauert meine Diät denn?“ mit einer konkreten Angabe, ohne Euch jemals GENAU unter die Lupe genommen zu haben, disliked diese Page und sucht weiter nach kompetenter Betreuung!
Das Mindeste, das man von Euch wissen muss, um den Diätstart in etwa festlegen zu können, sind der derzeitige und der angestrebte Körperfettgehalt. Über das „wo stehe ich und wo muss ich hin“ lässt sich dann ein konservativer Zeitplan aufstellen.
Studien wie die von Alpert (1) werfen mit beeindruckenden Zahlen von 249 bis 290 kj/kg/d um sich, die als maximale Übertragungsrate aus dem menschlichen Fettspeicher unter hypokalorischen Bedingungen zur Aufrechterhaltung eines moderaten Aktivitätslevels und unter der Voraussetzung des Erhalts an Magermasse angegeben werden.
In der Praxis liegt der Bereich des Möglichen wohl irgendwo zwischen 0,35 und 0,75 kg Fett pro Woche, je nachdem, wie gut und durchgängig Eure Diät verläuft.
Ein Rechenbeispiel:
Athlet A (88 kg) geht mit 23 % Körperfett in die Diät und setzt sich als Ziel einen KFA von 7 %
- 23 % KFA entsprechen derzeit 20,24 kg Körperfett
- 7 % KFA entsprächen mit derzeitigem Gewicht 6,16 kg Körperfett
- Differenz 14,08 kg, die abgespeckt werden müssen
- Diätwochen zwischen 19 und 40
Wahrlich eine große Spanne, hier ist aber letztlich wieder eine erfahrene Meinung gefragt. Wer auch immer bei Euch die Entscheidungen trifft, er oder sie muss Euch hinsichtlich des individuellen Potenzials bewerten. Körpertyp, in diesem Zusammenhang genetische Prädisposition sowie die vorherrschende Ernährungs- und Trainingssituation müssen in die Überlegungen involviert werden, bevor man die tatsächlichen Wochen der Wettkampfdiät festlegt.
WICHTIG
Liebe Athleten, Ihr seht an diesem Beispiel, das es KEINEN Sinn macht, sich einen Wettkampf-Coach nur für die reine Vorbereitungszeit zu holen. Um Euch wirklich gut einschätzen zu können, muss ein Betreuer auch im Vorfeld einige Zeit mit Euch gearbeitet haben bzw. im besten Falle sogar Eure Vorgaben bei Ernährung und Training auch in der Aufbauphase bestimmt haben. Nur so gebt Ihr ihm die Chance, einen guten Job hinsichtlich der Bestimmung des Diätstarts zu machen!
Fazit
Der Diätstart ergibt sich aus dem bestehenden und dem zu erreichenden Körperfettgehalt sowie den spezifischen Voraussetzungen des Athleten oder der Athletin.
Anfänglich schnelle Gewichtsverluste – Falsche Diätparameter?
…nicht zwangsläufig! Etwas, das Ihr am bestem sofort aus dem Repertoire Eurer Erwartungen streichen solltet, ist die Vorstellung, Euer Körper würde mit dem Start der Diät wochenweise immer dieselbe Menge an Gewicht und dem zur Folge auch Körperfett verlieren. SO wird es nicht laufen!
Solltet Ihr anfänglich mehr als 0,35 bis 0,75 kg pro Woche auf der Waage verlieren, dann heißt dies nicht zwangsläufig, dass Ihr jetzt schon fettfreie Masse einbüßt und die Kalorien falsch eingestellt sind. Größere Umstellungen bei Lebensmitteln bedeuten auch eine gewisse Adaptionsphase des Flüssigkeitshaushaltes.
Gerade in Zusammenhang mit Kohlenhydraten gilt es zu wissen, dass die je nach Individuum gespeicherten 350 bis 900 g unterschiedlichen Angaben zur Folge 2 bis 2,8 ml Wasser pro Gramm binden.
Diese Menge entspricht einem Nettogewicht von ca. 700 ml bis 1680 ml. Auch Verschiebungen im Elektrolythaushalt sowie neue Vorgaben in Sachen Flüssigkeitsaufnahme bedeuten zunächst eine unterschiedlich starke oder schwache Nierentätigkeit, die sich erst einmal einpendeln muss.
Fazit
Wenn es anfangs etwas schneller geht als errechnet, dann werdet nicht panisch, sondern vertraut Euren Vorgaben!
Diätstart – oder Diäten von mehr als 15 Wochen
Anfänger- oder Unwissenheitsfehler – Viel zu früh viel zu viele Lebensmittel dezimieren!
Gerade eben haben wir gelesen, dass unsere Diät im besten Falle 5 und im schlechtesten Falle 6 und mehr Monate andauern wird. Nun gibt es in der Tat Spezialisten, die (warum auch immer) von Beginn der Diät an bestimmte Lebensmittel, darunter auch teilweise naturbelassene Lebensmittel, aus dem Ernährungsfundus streichen.
Dazu gehören beispielsweise
- Die ach so bösen Milchprodukte
(Es gibt KEINEN handfesten Beweis, dass Milchprodukte allgemein gültig die Calciumaufnahme verschlechtern oder Wasser unter der Haut speichern (2, 3))
- Salzhaltige Lebensmittel
(Das böse Natrium ist lebenswichtig und ein MUSS für muskuläre Arbeit (5, 6))
- Süßstoff
(Logisch oder, immerhin heißt es nicht umsonst „NATRIUM-Cyclamat“? – Schwachsinn!)
- Brot
(Wer es verträgt, der kann damit sogar den Diätverlauf fördern sagen Loria-Kohen et al 4))
- Obst
(Da war doch was mit Fruchtzucker und der Leber nicht wahr? – JA, nicht aber mit natürlichem Fruchtzucker aus Obst. Hier belegen Madero et al sogar Vorteile eines Diätaufbaus im Low-Carb-Modell unter moderater Zufuhr (11))
Muss schon das sein?
Ist es förderlich für die Psyche des Athleten und den Diätverlauf, schon sehr früh sehr starke Einschränkungen bei Lebensmitteln auszugeben? – NEIN!!
Je nach Persönlichkeit des Athleten haben sich nicht nur etwas lockere Vorgaben, sondern sogar der moderne Ansatz des Flexible Dieting zu Beginn einer Wettkampfdiät als äußerst nutzbringend erwiesen (7 – 9). Noch interessanter wird dieser Ansatz mit Studienergebnissen wie der von Bray et al (10), die aufzeigen, dass vereinzelte „nicht saubere“ Mahlzeiten sich nicht wirklich nachteilig auf stoffwechsel- und appetitsteuernde Hormone auswirken.
Fazit
Eigentlich beginnt eine Wettkampfdiät relativ locker. Das Meiste steuert sich über Training und die Macht des Kaloriendefizits.
Resümee
Eine gute Wettkampfvorbereitung beginnt eigentlich schon vor der eigentlichen „Diät“ mit der sorgfältigen Planung der vorausgehenden Off-Season. Wer sich zu extrem auffuttert, der büßt dies mit immens vielen abzuleistenden Diätwochen – ein Szenario, das genau genommen nicht sein muss!
Letztlich bestimmt sich die Dauer der Wettkampfdiät über den vorherrschenden Körperfettgehalt und konservative Vorgaben, welche Menge an Körperfett pro Woche reduziert werden kann, ohne dabei gleichzeitig immense Mengen an Muskelmasse zu verlieren.
Je länger die Diät angesetzt werden muss, desto mehr muss man sich um die anhaltende Motivation des Athleten kümmern. Wer sich schon von Beginn an striktesten Vorgaben und Entbehrungen beugen muss, der geht möglicherweise schon bald in die Knie, beginnt zu schummeln oder bricht die Vorbereitung ab.
Mit Fortschreiten der Diät müssen es dann aber doch nach und nach genauere Vorgaben sein. Wie genau dies auszusehen hat, erfahrt ihr in den Teilen 2 und 3.
Bis es soweit ist, wünsche ich allen eine erfolgreiche Zeit
Sportlichee Grüße
Holger Gugg
www.body-coaches.de
Quellen
(1) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15615615
(2) http://www.body-coaches.de/mythos-milch-calciumaufnahme-und-gesundheit-stimmt-teil-1
(3) http://www.body-coaches.de/speichern-milchprodukte-wasser-haut
(4) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22209501
(5) https://www.peak.ag/blog/natrium-ein-mit-mythen-behafteter-mineralstoff
(6) https://www.peak.ag/blog/natrium-ein-mit-mythen-behafteter-mineralstoff-teil-2
(7) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10349584
(8) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10336790
(9) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11883916
(10) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17536194
(11) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21621801
Bildquelle
anaumenko/Fotolia.com